Immer noch

Ich danke dem Kind,
das ich nicht umgebracht habe,
mit achtundsechzig in die Kurve,
das bisschen Nässe,
lag doch gut in der Spur
auf dem Kopfsteinpflaster.
Ich war der Idiot
mit der neuen Karre
aus den Kleinanzeigen.
Im Rückspiegel
immer noch
der gelbe Rucksack.

© hertz

misswahl

schön sein
eine miss sein
eine miss wollen
am schönsten
eine miss kriegen
schöner
missgriff
mister
verpiss dich
eine miss missen
mist
weib
man sollte dich
auf den Mond
© hertz

ÖPNV

Kommt nichts.
In der Linken ein Bier,
Rempeln mit Rechts.
Sie spielen Gleisschubsen
für die süsse Maid vom Plakat
mit der kessen Lippe,
alle 11 Minuten
verliebt sich’s.
Die sind schon um,
noch ist nichts passiert.
Kein Kuss.
Kein Zug.
© hertz

Zacke um Zacke

Ausschneiden,
Abweichen,
Trocknen,
Pressen,
Zähnchen zählen.
Briefmarkensammeln
zum Beispiel
hat schon früher
ganze Generationen
von schwierigen Männern
logopädisch entspannt.
Daran könnte
die UNO anknüpfen.
© hertz

Im Bistro

Da drüben sitz‘ ich,
guck, die grauen Schläfen,
ein Rotwein,
ein Buch,
unaufgeschlagen,
ich schaue durchs Fenster,
stand schon im Zeugnis
der Volksschule,
einer der rausguckt,
draußen geht immer was,
eine schöne Frau
kommt zu mir.
Wer aber ist sie bloß?
Ich streiche ihr
zutraulich
über die Hüfte.

Man kennt sich
ja gar nicht
mehr.
© hertz

Heimfahrt

Verblüht
die Kastanien
aber setz dich
geht es dir gut
ein Bier für dich
ach ja
das Klima
die Lage
der Schmerz
die Liebe
das Alter
ist gar nichts
man verliert nur
sich selbst
Jede Fahrt
eine Flucht

© hertz

Vogelherbstpolitik

Das Land inzwischen
sang- und klanglos,
ein blinder Buntspecht
balzt an der Regenrinne.

Amsel
Drossel
Fink
&
Star
warten
auf den Kampf
ums Futterhäuschen.

Spatzen picken
jeden Krümel
und zwitschern
sich eins.
© hertz

Frei heraus

Der Herr Krebs sagt:
Ich komme wieder
oder auch nicht,
ganz meine Sache.
Ich bin gerührt,
wie sie mich
ablenken wollen:
Weichstrahlung,
Hartstrahlung
Chemos,
Antihormon,
Skalpell –
alles was die Kasse zahlt.
Beten zahlt sie nicht,
selten hasst man mich so lieb.
Ich schäme mich auch
ein wenig.

© hertz

Saint-Spotting

Vierzehn Heilige
in fünfeinhalb Minuten,
kick digitale.
Das wundertätige Bild
darf man nicht,
nur daneben
die wächsernen Ohren
oder eine Leber,
naturgetreu bemalt.
Wir machen noch
die Krypta,
tiefes Bücken,
zwei Bischöfe
muffen hier
vor sich hin,
niemand blitzt.

© hertz

Die schwarze Mieze

Ein grosser Junge
weint doch nicht.
Das Viech scheisst
bloss in die Ecken,
grapscht die Piepmätze.
Ich hatte auch einen,
wusste ich von meiner Mutter.
So lernte ich stets
in den frühen Tagen.
Führers Geburtstag
kann ich noch heute hersagen,
aber stramm.

© hertz

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