Mundgeblasen

Unser Kind ist aus Glas,
schüchtern gezeugt
in einer Frühlingsnacht.
Wenn wir es anhauchen,
macht es den Marienkäfer,
pumpt sich glucksend auf,
das Herzchen bubbert.
Ein Kuß auf die Stirn,
schon blinkts im Stammhirn,
Blutbahnen erblühen,
die Pulse werden fröhlich.
Später macht es mal
ein Kind aus Acryl.
Dann sieht man tiefer.

© hertz

Wünschen

Heute wollte ich
endlich mal aufschreiben,
was ich auf jeden Fall
noch machen möchte
bis man nicht mehr ist.

Ich kann nicht.
Die Katze guckt.

© hertz

Erlenfrau

Die Erlenfrau wispert zum Wasser
zwei Sternchen umtänzeln
den erblassenden Mond
werden zu Sternen
werden zu Sonnen
knallen heran
schaffen nicht das Brückchen
fall’n sie in die Hecke
fall’n sie in den Graben
kreisch’n die Krähen
über’m Sielzug

© hertz

Kanada

Das Haus weint,
als es mich sieht.
Es hält mich
für einen anderen.
Ich bleibe
zum Verwechseln höflich,
ziehe meine Pudelmütze,
sanft drücke ich
die Tür ins Schloss.

Kanada.
Ich kann schon
im Freien abkochen.

© hertz

Schwarmbeben

Nicht fallen,
sagt sie am Tresen.
Irgendwo rumort’s
in der Tiefe.
Der Fernseher hängt
über den Flaschen,
ein Schwarmbeben,
rote Pfeile stürzen
aus dem Bildschirm
Richtung Whisky.
So tief
könnte man fallen.

Das Wetter morgen.
bleibt
schön.

Es kam schon mal
alles runter,
flüstert sie mir zu,
das Hotel haben sie
in die Lava gebaut.
Mit dem Knöchel ihres
Ringfingers klopft sie
an die schwarze Platte,
unberufen und dreimal.
© hertz

Tuffig

Im Feuerhagel
geborene Lapilli-Felder
knirschen
unter dem Schritt
abwärts.
Jeder rutscht
für sich allein.
Selbst Jungverliebte
lösen die Hände.
Am Fuß des Vulkans
legen sie ihre Namen
mit Tuffbröckchen,
vom Himmel gefallen,
ins schwarze Geröll.

© hertz

Echsen-Tour

Beton-Echsen
auf grauen Stelzfüssen
winden sich von Grat zu Grat
die Steilwände hoch.
Unten die Lockungen
alpträumender Schluchten
oben stumm der Basalt.
In jeder Spitzkehre
wendet der Bus
Nase überm Abgrund
voller Gebete gen Himmel.
Digitalkamas
verlieren den Fokus.
Es gibt Ansichtskarten.
Gott sei Dank.

© hertz

Blicke

Schlacken, Schotter, Schweiß,
vor mir deine Stiefel knarzen,
wir atmen uns hoch.
Auf dem Dach der Insel,
an den atlantischen Wind gelehnt,
flattrig der Griff zur Kamera,
ein Caspar-David-Friedrich-Blick,
unter den Wolken
irgendwo das Meer.
Ich habe dich
aus den Augen
verloren.

© hertz

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