Rosentröster

Den Rosen was vorlesen,
lassen die Köpfe hängen
nach dem Gewitterguss.
Rosen fühlen können –
jetzt was von Rilke?
Die Hundsrose nickt
wie immer im Wind,
dabei haben wir noch
gar nicht angefangen.
Die dicke Westerland,
duftet schon wieder,
steht auf Courths-Mahler,
und die Hochzeitsweiße
mit dem adligen Namen
kriegt ihren Goethe.
Ist man ihnen schuldig.

© hertz

4:37

Wumms,
an die Scheibe,
die Dämmerung zittert
auf mich zu.

Die Bettdecke zu kurz,
ich schütze mich
in meinen Armen,
keiner da sonst.

Morgens bestatte ich
die junge Amsel im Laub,
eine alte schimpft
von der Dachrinne.

© hertz

 

Lob auf den gelben Wagen

Das leuchtend gelbe Auto
unserer Briefträgerin
stiehlt sich summend
durch den Stangenwald,
seine Melodie ähnelt
meinem Elektrorasierer,
damals, der allererste.
Selbst die Schiebetüren
öffnen sich lautlosest,
distanziert spricht sie
auf mich ein, sie darf
mir nicht nahe kommen.
Aber seit kurzem winken
wir uns zu, fehlt nur
noch das Kusshändchen.
Heimlich sammle ich
neuerdings Briefmarken.

© hertz

Frühlingsmärchen

ist eine Antwort auf ein russisches Kindergedicht, das ich in
meinem Jahreskalender gefunden habe. Hier steht zuerst die Übersetzung der russischen Verse und dann kommt meine eigene Inspiration dazu.

Hau ruck!
So stießen die Fische
im Fluß das Eis an.
Und los ging der Eisgang.

Valentin D. Berestov (1928-1998)

*

Mundschutzmasken rocken
mit dem rosa Mützchen
Herrenlose Flaschen
schunkeln um die Scholle
stoßen an, bestellen
Ententanz zur Polka.

Wenn das Eis dann bricht
gehn wir alle baden.

© hertz

Hausbesuch

Auge in Auge
vor meiner Tür.
Er pickt an.
Er ist kein Fasan.
Er sieht nur so aus.
Er ist eine Botschaft,
so gut wie er aussieht.
Ich bitte ihn herein,
erzähle ihm alles.
In diesen Zeiten
macht man sich
besser den Boten
zum Freund.

© hertz

Verlaufen

Menschenseelenallein
den Leitungsrohren nach,
drinnen glucksen Wörter
wie auf eine Dichterlesung.
Man sollte jetzt
beten können oder Esperanto.
Ich aber stelle mir Fragen,
da haben die Krähen
was zu lachen.

© hertz

Letzter Markt

Rosen auf dem Asphalt.
Der Dönermann
sammelt Kohlköpfe auf.
Eine Lebkuchenfrau
verteilt noch immer
Zettel für Gott.
Sie friert im Kostüm.
Der Tannenbaum
vom Tieflader steht
vor Maria mit dem Kind.
Glitzerketten schwingen.
Man geht seiner Wege.

© hertz

Im Zauberwald


Dose im Moos –
verzischt.
Tanga in Schwarz –
kein Leib.
Stiefel im Matsch –
kein Fuß.
To-go to drink –
kein einziger Mund.
Tempo im Busch,
weg ist der Arsch.

Ruhe im Tann –
bloß die A7.

© hertz

Fischmarkt

Trumphering
Putinhering
Orbanhering
Erdoganhering
bɪz.mɑɹk eːʁɪŋ
Kaczyńskihering
Xi-Jinping-Hering
Lukatschenkohering
Fürst-Hans-Adam-II-von-und-zu-Liechtenstein-Matjes

dann
doch
lieber
Rollmops

© hertz

Allee-Talk

Ist der späte Zug durch,
drehn sich unsre Buchen
blätterrauschend zueinander,
wispern Smalltalk,
tratschen ökologisch,
über die Fichten zum Beispiel,
nackt bis Hals dort am Wegkreuz.
Oder was über die Grundherrin,
wem sie bestimmt noch ans Holz ginge.
© hertz

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