Auf Durchreise

Ach du dicke Flocke,
meine Schneekönigin.
Wie geht’s?
Na ja, Eure Majestät.
Schon gut.
Wir haben auch Sorgen,
es taut zu viel,
meine Eis-Aktien,
und die Prinzen.
Ja, Madam.
Am besten
Schnee drüber.
© hertz

Super Markt

Hände schieben sich
unter die Melonen,
wissen, wie man
einen Babykopf wiegt.
Braune Finger,
Nagelmonde wie wir,
betasten die Haut,
drücken den Scheitel.
Nichts.
Schnuppern.
Auch nichts.
Eine Kundin nickt.
Spanien, sagt sie,
nach der Saison
ist die Erde da
Sondermüll.

© hertz

Weidefall

Was Dunkles anziehn,
dann gucken sie nicht.
Sie gucken.
Ich hetze.
Ich fliege.
Hinter mir
was schnauft,
was stampft.
Vor mir
der Zaun,
der Pfosten,
der Sprung,
der Schmerz.

Ein schwarzes Fell,
Fliegen am Ohr,
Atem dampft,
schiebt den Kopf
durch den Draht,
Augen
melasseschwarz-bittersüß,
interessiert.
© hertz

Grenzfall

Allerdickst kommt’s,
weiss die Nachbarin
aus dem Autoradio,
allerdickst,
haben sie gesagt.
Dann ginge gar nichts mehr.
Unsere beiden roten Tulpen
wiegen weise ihre Köpfchen.
Am Morgen liegt tatsächlich
die Flockenfallgrenze
bei 47 Metern.


© hertz

O du

Drache ohne Reiter,
Kutsche ohne Prinzessin.
Ketten schwingen
im Wind.
Sie nehmen eine Punsch,
dann sagt der Zollstockmann,
mindestens zweisechzig
für die Rettungsgasse.
Die Lebkuchenfrau
zieht den Schal enger.
Der Tannenbaum
vom Tieflader
stellt sich vor
eine Maria mit Kind.
© hertz

Menschenpark

Alle aus Stein.
Die Frau ohne Kopf und Arme,
keine Beine, nur Stümpfe.
Torso des Seins,
steht auf dem Schild.
Da drüben, die ist intakt,
voll nackt, Kopf gesenkt,
Kind über der Schulter.
In roter Farbe hat jemand
ihr ein Hüfttuch angemalt,
wie bei Jesus in der Kirche.

Gehen wir zu den Männern.
Zum Beispiel Ikarus
mit freiem Unterleib
und Engelsflügeln.
Es folgt ein Junge,
barfuß im Handstand,
ein Bein ist verkümmert.
Zu allerletzt ein Krieger,
70 /71, marschiert
seit Jahrzehnten
auf seinem Sockel
in voller Montur.

Der Kopf des Stifters
ist aus rotem Granit,
tiefe Schläfengrube,
der Schädel poliert.
Er lächelt.

© hertz

Grabung


Armknochen. Beinknochen.
Im Spotlight sehe ich
eine Beckenschaufel,
mehrmals gebrochen,
wie der Flügel
einer ausgestorbenen Vogelart.
Die Splitter im Fach drüber
waren mal ein Oberschenkelhals.
Das neue Hotel hat den Fund
zweisprachig beschriftet.
Vormensch, männlich.
Lag zu flach für die Tiefgarage.

Zuhause ziehe ich mich sofort aus,
meine Finger graben nervös
nach meinem Becken
unter so viel Fleisch.
Passt.

© hertz

Malibu

Wind umspielt zärtlich
die heißeste Sonnenbrille
von ganz Fielmann
auf ihrem Malibu-Surfbrett
jetzt und für den Rest
eines berauschenden Lebens
voller Sommerhits

Zack
Vorbei
Arschbombe

© hertz

Hundswache

Schnittige Dreimaster
spielen Schiffeversenken
im Hafenmuseum.
Man riecht
Kronprinzessin Cecilie,
sie qualmt nach Schnelldampfer Art.
Ein Melancholiker mit Sextant,
als Kapitän verkleidet,
mißt die Höhe zum Todessprung,
im Morgengrauen hängt
nur das Bild schief.
Die blonden Fischerjungs
schreien: Alle Stinte fliegen hoch!
Besucher gehen in Deckung.
Keiner da.

Die Glasenuhr schlägt neun,
zwei hautfarbene Akte
suchen ’ne Koje,
sie sind so schwarzweiß.

© hertz

Mann im Stau

Sudoku bloß im Kopf ist blöd,
die Walgesänge sollen mich entspannen,
hab ich schon zweimal durch – und nun?
Ich könnte alle roten Autos zähln,
die nebenan nach Norden fahrn.
Den Sprinter hinter mir, den lenkt ein Heinz,
im Spiegel les ich seinen Nam’n.
Und mache rasch von uns ein nettes Selfie,
der Heinz winkt artig wie Queen Mom,
das sehn gleich alle, die mich liken.

Ein Kurzhaarschnitt im Mini, apfelgrün,
guckt kurz, zieht dann auf meine Spur,
da blitzte doch ein blankes Dekolleté.
Mal schnell jetzt deine Nummer wähln,
ach nein, du bist ja schon im Yogakurs.
Ich werd mir einen runterholn,
mir ist so heiß. Der Wagen nebenan
wippt voll im Beat, man hört’s Gedröhn.

© hertz

 

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