Im Friedforst

Kommen zwei
im Zelenskyj-Look,
kommen ungelenk,
suchend,
sichernd
zum Baum,
jung noch,
wildgeschützt.
Einer nestelt
aus der Jeans
ein Mitbringsel.
Drücken sich
stumm davon.

Hängt im Draht:
Ein Hühnergott.
Ganz in Weiß.

Sagt ein Schild:
Nadia.
Achtzehn.

© hertz

Warten auf TikTok

Er las das Leben
und war fünfzehn
morgens guckte er glasig
wird Mathe verhauen
war es ihm wert
Schmöker sagten sie
er sagte nichts
und las
Lern was für Deutsch
er sagte nichts
und las
Tue was für Englisch
er sagte nichts
und las

Er las das Leben
und das hat nun mal
verdammt viele Seiten
Man lernte echt was
auch heikle Sachen
wenn man damals
fünfzehn war

© hertz

Erwin

Am Ende der Dritten
sich verliebt
in Druckerschwärze.
Die Zeitung roch
morgens so gut.
Ich schrieb ihr
mein erstes Gedicht
über Mond und Sterne.
Sie nahmen es.
Da wusste ich,
wofür zu leben.
Nur mit Erwin
wurde es nie
mehr was,
er hatte mich
nicht gelesen.
Jetzt las ich ihn,
schwarz umrandet.

© hertz

Glückse

Kakao ohne Haut
der Zeigefinger
malt Monster
auf behauchte Scheiben
Kaninchen küssen
im Brötchen bohren
Schatten treten
mit Johannes von drüben
sein Papa ist abgehauen
das Pupskissen
ausprobieren
einen Goldtaler
aus ’ner Ritze buddeln
Lachzähne
schön finden
ein silberner Vorhang
aus Schneeflocken
keinen Käse mögen
wie der Kater Murr
beim Bäcker
ein neues Wort
aufschnappen
den Rückweg hüpfen
das neue Wort flüstern
mindestens tausendmal
das heißt Jänner
wenn nicht mehr
Jännner ist
ist wieder Schule

© hertz

Es wird

Zum Mond, zum Mond
krähte der Junge,
schoss seine Raketen
hinters Bücherregal.
Nach einer Stunde
falteten seine Hände
den schwebenden Flug.

Von so einem
wird man noch hören

© hertz

Die schwarze Mieze

Ein grosser Junge
weint doch nicht.
Das Viech scheisst
bloss in die Ecken,
grapscht die Piepmätze.
Ich hatte auch einen,
wusste ich von meiner Mutter.
So lernte ich stets
in den frühen Tagen.
Führers Geburtstag
kann ich noch heute hersagen,
aber stramm.

© hertz

Heimatkunde

Der Hackklotz
das Handbeil
die Ewigkeitssekunden
der Schnabel
der Kamm
die rote Spur
Gockelhahn
den ich liebte
weisst du noch
keine Träne
der Befehl
© hertz

Bügelflaschen-Blues

Kapuzenjungs im feuchten Weltenschmerz,
sie finden sich vom Leben abgehängt.
Die Politik, die „Alte”, pöö, geschenkt.
Es ploppt das Pils, zwei Glatzen machen Terz,

jongliern mit Bügelflaschen bloß zum Scherz,
die erste hab‘n sie schon ins Watt versenkt.
Gern steht man hier als Mann, so eng gedrängt,
sich duckend in die Herde, wasserwärts.

Die Lästerzungen tänzeln ohne Zaum,
anheim fällt nun die Stadt der Ridicule.
Die Bürger fallen in den ersten Traum.

Der Strom bringt Nachtluft, beißend ihre Kühle,
man geht, die dünnen Jacken wärmen kaum,
kann sein, es gibt am Schluß ein paar Gefühle.
© hertz

Valentinas Tagebuch

Meine Katze
scheute,
als er kam.

Meine Musik
hat er gehört,
mein Notebook
hat er beguckt,
meine Limo
hat er getrunken,
meine Chips
hat er gegessen,
meine Poster
hat er bewundert.
Meinen Busen
hat er probiert.

Meine Puppen
taten wir beiseite.

Meine Katze
schnurrte,
als er ging.

© hertz

Bescherung

Die Heiligabendwut
schlitzt den Teddy auf,
wühlt aus seinem Bauch
Flöckchen hoch,
sie rieseln herab,
grauer Schnee.
Es riecht nach Schweißhändchen.
Furchtbar.
Unten ruft das Glöckchen
zur Bescherung.

© hertz

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