Kurpark-Ballade

Ich hatt’n Espresso, tiefschwarz, bullenstark,
dann guckt ich mal rüber und sah sie im Park.
Der Löffel fiel runter, der Zucker flog raus,
mein Herz machte hoppla. Und ich heiße Klaus.

Liegt mitten im Beet, zwischen Dahlien und Rosen.
Eine Nixe in Blond, so richtig zum Kosen.
Die Lilien, die neigen sich sanft zu ihr nieder,
die Hummeln die brummen ihr schlummrige Lieder.

Von Nixen wird manchmal in Märchen erzählt,
welche hab‘n sich schon mal mit Menschen vermählt.
Ihr fehlt doch das Wasser, wie macht sie das bloß,
nur Blüten und Erde. – Ich find‘ sie famos.

Sie räkelt sich lässig, wie sonst wohl im Sand,
und zupft sich ’ne Blüte, die piekt in der Hand.
Steh nackt plötzlich bei ihr und fühl mich so klein,
und starr in die Ferne, doch mir fällt nichts ein.

He, Käpt’n, ruft sie, was hält dich denn fern?
Ich beiße dich nicht, ich mag Männer gern.“
Sie macht mich echt an, wär‘ schon meine Wahl.
Ich denke: Nicht hinsehn, das endet fatal.

Ich gucke gradaus, reck‘ mich wichtig wie’n Mann.
Sonst zieht sie mich gleich ins Beet zu sich ran!
Mein Puls spielt jetzt Drummer, mein Hirn steht auf Stopp,
der Rest von mir denkt: Mach endlich den Hopp!

Kein Wasser, kein Hafen, kein Kiosk in Sicht,
nur Blüten und Sonne und sie im Licht.
Tja, wer einer Nixe ins Auge gerät,
wird leicht in andere Welten geweht.

Ich brauch noch‘ Espresso.

© hertz

Melodrama im Arboretum

Am Wegkreuz steht Prinz Rittersporn,
sein Blau nicht ganz so makellos,
im Halse sitzt ein fetter Kloß,
er regt sich auf und blickt verlor’n.

Die Nachbarrose ganz in weiß
soeben drückte sie sich keusch
an seine Seite ohn Geräusch,
sie macht ihn wild, es wird ihm heiß.

Die Weiße tat ganz unverkrampft:
„Bin ICH – der Wind, er war es nicht,
du bist so schön wie ein Gedicht!“
Der hohe Prinz erblasste sanft.

Als sie ihm nochmals näherrückt,
entweicht ihm unverseh’ns ein Au,
es prickt etwas, er spürt’s genau.
Schon klar, der Herr ist nicht entzückt.

Allein bleibt er am Wegkreuz stehn,
sein Blau nicht ganz so makellos,
im Halse sitzt ein fetter Kloß,
gern möcht er zu der Weißen gehn.

PS
Die Phloxe gucken hin und beben krass,
sie wachsen leider hinten ganz am Rand,
tja, was sie fühlen scheint nicht relevant.
Sie lieben auch den Ritter – und nun das.

Flächenverbrauch netto
Ich-Ausdehnung Auto herausgerechnet

Ein Viertel Quadratmeter
Entbindungsstation, St.Clemens

Ein halber Quadratmeter
Kiefernholzwiege

Ein Quadratmeter
Laufgitter

Acht Quadratmeter
Legoparadies

Sechzehn Quadratmeter
Metallica-Höhle

Vierunddreißig Quadratmeter
Vierer-WG

Zweiundvierzig Quadratmeter
zusammengezogen

Dreiundfünfzig Quadratmeter
Paar mit Kind

Sechzehn Quadratmeter
Kein Paar mehr, kein Kind

Einundsiebzig Quadratmeter
eine Liebe später

Siebenundneunzig Quadratmeter
Anfang der Karriere

Einhundertfünfzig Quadratmeter
Höhepunkt der Karriere

Einhundertneunzehn Quadratmeter
Erwerb eines Ruhestandsobjekts

Einhundertundelf Quadratmeter
Altersliebe

Einundfünfzig Quadratmeter
betreutes Wohnen

Achtzehn Quadratmeter
Pflegeheim Rosenhof

Vier Quadratmeter
Intensivstation, St.Clemens

Eineinhalb Quadratmeter
Institut ‚Abschied in Würde‘

Ein Achtel Quadratmeter
R.P.I.

© hertz

Immerfest

Amphetamin
Captagon
Sildenafil
Rambos
kleine Helferlein
hämmern
meißeln
härten
stressfester
berührungsfester
orgasmusfester
gefühlsfester
kriegsfester
todfester
das fühlet sich
wie Eisen an
und scheuet weder
süß noch sauer

© hertz

 

Der alte Planet

Schütteln möchte sich
der alte Planet.
Er kann gar nicht
so viel kratzen
wie’s ihn juckt.
Andauernd klammern
oder krallen sie.
Gezecke.
Da holt man sich ja
ordentlich was weg.

 

 

 

 

Manches Mittel versucht,
vergebliche Mühe.
Sie sind immun
gegen Magnetstürme
und Sonneneruptionen.
Vulkane – wirkungslos,
stattdessen buchen sie
pauschale Schaulust
mit qualmenden Schuhsohlen.
Vielleicht sollte er öfter
mal nachheizen?
So ein, zwei Grad?

Seuchen, der Planet seufzt,
Seuchen haben geholfen,
vor langer Zeit, oh ja,
Pest und Cholera.
Aber jetzt spritzen sie sich
irgendwas in die Arme
oder in den Hintern –
und sind wieder fit.

Der Planet ist lange schon
auf seiner Umlaufbahn.
Wie viel hat gesehen!
Neulich erst diese Dino-Trampel,
ein Asteroid zum Glück
fegte sie weg, ratzfatz.
Und jetzt die hier.
Machen laute Geländespiele
mit dumpfem Knallen und Kollern,
Rummsen und feurigem Zischen.
Nicht alle, weiß der Planet.
Manche scheiden aus,
bevor ein Spiel durch ist.
Dieses Rum-Rummsen
juckt immer am schlimmsten.

Das ist zum Aus-der-Bahn-Fahren.
Der Planet hat nicht übel Lust,
doch mal ein bisschen
mit der Achse zu schlenkern,
wie letztens, dabei kam
prompt ne schöne Eiszeit rüber,
die erforschen sie immer noch.
Könnte man wieder machen,
grübelt er, so als kleines
Na-wird’s-bald.

© hertz

 

Lernen

Starr glubscht
mein Frosch
unterm Schilf.
Durch den Frost kommen,
lernen von den Wechselwarmen,
schläfern ihr Herz
dünnen den Atem
kühlen ihr Blut.
Grasfroschfrüh
noch einmal
dabei sein.

© hertz

Meine graue Stadt

Unter den Decken
des Schädels
Zelle um Zelle
Nerven blitzen
nanosekundlich
dort weiß man
mehr über mich
als ich selbst
am nebligen Limbus
blaue Wolken
lassen tief blicken
ich horche
draußen schon
das Laub

© hertz

 

 

Glücksfall

draußen steht
ein glücklicher Mensch
in diesem Moment
kriecht er hinein
in meinem Bauch
ich atme vorsichtig
er arbeitet sich
nach oben
Leber und Herz
hoffentlich
muss ich nicht
von ihm träumen
ich hör lieber auf
an ihn zu denken
aber er steigt
mir zu Kopf

© hertz

Reboot

Zwölf Gorillas in Hamburg
auf der Mönkebergstraße,
zwei am Rantzauer See,
sechzehn auf der NordArt
mitten in Schleswig-Holstein,
welche in Prag, Neapel oder
Bad Ragaz, wo auch immer
das liegt, zuhause in China
lebt eine Herde mit weit
über hundert Bronzeaffen,

 

 

 

 

sechshundert Kilo jedes Tier,
sehen schon ein bisschen aus
wie unsereins, alles Männer,
irgendwie glaubt man das,
der Länge nach aufgerichtet
messen sie dreieinhalb Meter,
riesige Jungs, in die Gegend
ausgesetzt, geerdeter Gang,
Augen scannen den Himmel
wie im dringlichen Gebet.
Warten auf die original sin,
mit der noch einmal alles
von vorne losgehen kann.
Menschheit Nummer zwei,
noch im groben Affenanzug,
geht in XXL an den Neustart,
mit Unschuld und Wumms
für eine strahlende Zukunft,
lässt der Künstler wissen –
Liu Ruowong aus China.

Über die Skulpturenserie „original sin“ von LIU Ruowang, die seit einigen Jahren auf der NordArt (Büdelsdorf – Schleswig.Holstein) gezeigt wird.

© hertz

am schrein

was herunterrasseln
stammeln, seufzen
schluchzen, fluchen
im sprint gegen
den kleinen zeiger
mach doch, gib dass
drück die augen zu
verdammt noch mal
niemand kennt ja
die eine stunde
in der keine ge
bete erhört werden

© hertz

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