Baracke zur Seligkeit

Am herrlichsten
aller meiner Heiligen Abende
klopft es an unserer Fliegerbaracke,
die meine Mutter organisiert hatte.
Ein rot Vermummter begehrt Einlass,
auf Stiefeln, breit gebaut,
brauner Mantel mit Kapuze
Sack auf der Schulter,
Hände und Gesicht wie Max und Moritz –
da kommen die zwei Knaben
durch den Schornstein wie zwei Raben.
Äpfel, Nuss und Mandelkern
rollen und kullern aus dem Sack
und ein Jungs-Puppe
mit einer braunen Blechhaut
wie der Fremde.
Merry Christmas.
Ein Nigger, flüstert mein Vater.
Meine Mutter lächelt.
Ich
spiele
gottselig.

© hertz

Wann dann

Heiligabend sterben
sollte nicht sein,
auch die drei Tage
vorher nicht.
Man hat schon alles
und nun das.
Verschieben also –
löst einen Stau aus.
Vorweg vielleicht,
aber wer will das schon,
höchstens ein paar
Freiwillige.

Mir würde es nichts ausmachen
nach Flugente mit Orangenlikör,
passender Musik, was von Bach,
etwa „Jauchzet, frohlocket“,
in Ordnung, und dann.

Die werden weinen.

© hertz

Bescherung

Die Heiligabendwut
schlitzt den Teddy auf,
wühlt aus seinem Bauch
Flöckchen hoch,
sie rieseln herab,
grauer Schnee.
Es riecht nach Schweißhändchen.
Furchtbar.
Unten ruft das Glöckchen
zur Bescherung.

© hertz

Landpfleger

Es begab sich aber in jenen Tagen,
dass Assad Landpfleger in Syrien wurde.
Da machten sich zwei sofort auf
nach einem anderen Ort.
Ihr Kind wurde ihnen unterwegs geboren.
Der andere Landpfleger
hieß Herodes …

© hertz

… Christkind auf Tour

Das Christkind schwärmt lauthals beim Packen
von lustigen Typen in Wacken,
die mögen’s dort krass,
das Bier gleich im Fass,
dann könn’ sie im Salto flickflacken.

Das Christkind kommt gerne zu Malern
mit Schaumwein und schoko’nen Talern,
dort sitzt es Modell
auf schafenem Fell,
aus zieht sich’s vor wärmenden Strahlern.

Bescher’n wird das Christkind in Glinde
die zahlreichen Männer im Kinde
mit Trommeln und Pauken –
für all die Rabauken.
Die Frauen krieg’n Ohrengebinde.

Gebucht wird das Christkind für Rio,
es winkt laut beim Abflug, „Adio!“
Und hängt seine Flügel
dort gleich auf’n Bügel.
Es trägt rote Höschen con brio.

© hertz

Baumkauf

Gleich friert man hier noch fest, ich will nen Baum,
von See her faucht der Schnee, nicht bloß Geriesel,
für‘s Personal gibt´s einen alten Diesel,
da sitzt‘s jetzt drin recht warm und sieht mich kaum.

Aussteigt dann doch ein Mensch mit schwarzem Flaum,
der zeigt herum, durchflitzt den Tann´ wie ´n Wiesel.
Die Zweige blinken matt voll eis´ger Kiesel,
im Vollfrost schmilzt mein Supertannentraum.

Man schaut sich hilflos um, schätzt Höhe, Breite,
im Flockenmeer schreit´s alle Meter: „Hier!”
Da ist ein schüchterner, der hübsch beschneite.

Kurzum, der lacht und lockt, den nehmen wir,
obwohl: hier hinten ist  ´ne kahle Seite.
Ik schiet darop, ik dor wat anmonteer.

© hertz

Advent

Wir nehmen sofort den Trecker.
Unter rot blinkenden Fixsternen
zerschlagen Rotoren die Regenfront.
Ein blauer Helikopter durchwühlt
die Wolkendecken auf der Suche
nach himmlischen Heerscharen.
Schwarze Saatkrähen schrecken hoch.
Wieder zu Hause warten wir
auf die Tagesschau.

© hertz

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