Atelierbesuch

Er ist nicht da.
Macht nichts,
hat er gesagt.

Die Neonröhre
zuckt an und aus
beim Eintreten.

Einer, der Figuren
formt aus allem
und jedem und nichts.

Zwei Hunde posieren
stur altägyptisch
als Buchstützen.

Ein grünlicher Leib
aus nacktem Speckstein
bedeckt sich spontan.

Der klassische Kopf
der Ytong-Katze
wendet sich zur Wand.

Ein eiserner Krieger
fuchtelt sein Schwert.
Ich schleiche raus.

© hertz

glitzern

die Nachrichten
haben eindeutig
zu wenig Glitzer
heute weder Tennis
noch Fußball
bloß Gas weg
und Panzer raus
die Überall-Männer
löschen Brände
besuchen sich
mit Quotenfrau
in dunklen Anzügen
nur einer im T-Shirt
okay das Wetter
wenigstens das
ab und zu

© hertz

Im Friedforst

Kommen zwei
im Zelenskyj-Look,
kommen ungelenk,
suchend,
sichernd
zum Baum,
jung noch,
wildgeschützt.
Einer nestelt
aus der Jeans
ein Mitbringsel.
Drücken sich
stumm davon.

Hängt im Draht:
Ein Hühnergott.
Ganz in Weiß.

Sagt ein Schild:
Nadia.
Achtzehn.

© hertz

Warten auf TikTok

Er las das Leben
und war fünfzehn
morgens guckte er glasig
wird Mathe verhauen
war es ihm wert
Schmöker sagten sie
er sagte nichts
und las
Lern was für Deutsch
er sagte nichts
und las
Tue was für Englisch
er sagte nichts
und las

Er las das Leben
und das hat nun mal
verdammt viele Seiten
Man lernte echt was
auch heikle Sachen
wenn man damals
fünfzehn war

© hertz

34,1° Celsius

Andächtig entblößt
bis auf die Augen
dösen ins Delirium
coole Ganzkörper
Stufe für Stufe
die angekündigen
Celsius-Grade rauf.
Keine Bewegung.
Bloß der Kosmonaut
hinter dem Deich
aus Luftballon-Gummi
zappelt auf Erden
bei leichter Brise,
empfiehlt bäuchlings
schwabbelnd Gelati,
sein Hintern aber
wirbt für Pommes.

© hertz

Seh-Stück

Ebbe
Rumliegen
Körper gucken
Leute zählen
Dicke und Dünne
du kriegst die Bäuche
gewinnst knapp
Jetzt barfuß
gegen Flip-Flops
ich verliere doch
lieber Strandlaufen
Vielleicht finden wir
Venusmuscheln

© hertz

Urlaub daheim

Durch den Feldstecher ziehen
Wesen, mächtige Leiber,
Köpfe dunkel verschleiert,
eisenfarben die Häute.

 

 

 

 

 

Abenteuerlich – wir hin.
Tief geduckt im Galopp ab
durch die Jungbullenweide,
Mückenschwärmen entfliehend.

Kurzer Sprung über’n Graben,
schnaubend erwartet man uns,
erstes Sichten der Fremden
durch das lästige Schutznetz.

Endlich herzliches Wiehern,
Hälse tätscheln, ein Nicken.
Alle hörn sie auf Lucy.
Wie benennen sie uns bloß?

© hertz

Anzeige

Im Garten nebenan
muss ich ihnen hinter
vorgehaltener Hand
dringend mitteilen
im Garten nebenan
wohnen jetzt illegal
mehrere Buddhas
sitzen den tagsüber
im Schneidersitz
einfach so herum
und tun gar nichts
ich meine nur so
nicht mal den Rasen
mähen sie auf dem sie
unentwegt meditieren
es handelt sich um
zwei graue Kleinere
mit Tempellaterne
und drei Ausgewachsene
mit komischer Pickelhaube
männliche Alleinreisende
wie ich sie schon öfters
im Baumarkt gesehen habe
aber ich will ja ansonsten
bitte nichts gesagt haben
hochachtungsvoll

© hertz

Abhauen Ü70

Mal weg
mit ’nem T3.
Leih ich von Steffie,
wo die doch jetzt
die neue Hüfte.
Esbit-Kocher
von ebay.
In den Süden,
Rurtalsperre
oder die Rhön.
Muss morgen bloß
noch zum Urologen.

© hertz

Whodunit

Morgens gucke ich erstmal,
ob die Welt noch da ist.
Die Nachbarin guckt nachts.

Sollte ich eines Morgens
nichts mehr vorfinden,
frage ich sie, wer’s war.

© hertz

Blogverzeichnis - Bloggerei.de
Follow by Email