Schnäppchen

Schöne Himmelfahrt
sorgfältig in Öl
Farben leicht gedunkelt
um 1850, Kopie
Original byzantinisch
unbekannte Signatur
120 Zentimeter hoch
sehr repräsentativ
Wertvoller Rahmen
barockisiert
weiß und gold
Christus müsste
nachgebessert werden

© hertz

Freud für Männer
Geburtstagsgedicht zum 165sten

Er wollte die Mutter,
die nahm sich der Vater,
Wurd‘ wütend und strafte.
Gebot der Gebote.

Er wollte zu Smilla,
der Vater verbot sie,
mit der spielst du nie mehr,
die ist doch polakisch.

Er wollte Sieglinde,
die fragte die Eltern.
Sie stoppten die Tochter:
Der passt nicht zu uns.

Er wollte die Lore,
verunfallt ihr Lover.
Das Mädchen blieb lieber
des Toten Verlobte.

Er wollte dann Carmen.
Der Heiland war schneller,
sie dürfe mit keinem
sonst wär’s eine Sünde.

Er wollte Beatrix –
die kriegte in Bälde
vom Trainer was Kleines,
empfahl ihm wen anders.

*

Nachdem er dann
weitere siebzehn Jahre
so oder so dahingelebt hatte,
kam die scharfe Su,
die wollte

ihn.

*

Tja, Sigmund.

© hertz

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Heute wäre sein 165. Geburtstag.
Sigmund Freud ist am 6. Mai 1856 in Freiberg/Mähren,
damals Österreich, geboren. Sein Vater war 40, seine
Mutter 20 Jahre alt. Die Familie bewohnte ein Zimmer
im Haus des Schlossers Zajíc, das wahrscheinlich noch
heute in fast unveränderter Form existiert. Später hat
er die abendländische Welt bewegt mit seinen Deutungen
des seelischen Lebens und Erlebens, insbesondere mit
denen über Lust & Liebe.

Die Rosen-Residenz
tanzt in den Mai

Morning has broken.
Schunkeln im Stuhlkreis
geht dieses Jahr nicht.
Also gleich aufs Parkett,
ruft die Heimleiterin.
Humtata, humtata.
Gedimmtes Oberlicht.
Ein Twinset in grün
folgt der Spitzenbluse,
dann noch ein Paar
in Schlabberjacken.
Abstandsgeregelt,
seit Ostern geübt.
Die beiden Männer
von der Sesselecke,
zu wenig‘ zum Skat,
gucken keine Frauen,
später dann Porno.
Im Solo ein Rollator,
kracht ins Geschirr.

© hertz

Traumtour

Mit der Straßenbahn
ging’s stracks übers Meer.
Die blanken Halteschlaufen
pendelten mit den Wellen,
niemand griff danach.
Kein Schaffner rief
die Haltestellen aus.
Erst an der Endstation
kamen wir zum Stehen.
Da lag ich nun.
Der abgeknipste Fahrschein
ist auf dem Nachttisch,
auf Verlangen vozuzeigen.
Guck
einfach.

© hertz

Erwachen

Ich wollte aufstehen, da
geriet ich in die Muster
ihrer Bluse gegenüber.
Der Bauhof hat Schuld,
gestern war ihre Bank
noch frisch gestrichen,
heute verlief ich mich,
schon, konnte gar nicht
so tief die Augen
niederschlagen, wie ich
hingucken musste.
Verpatzte ein Lächeln.

© hertz

Lob auf den gelben Wagen

Das leuchtend gelbe Auto
unserer Briefträgerin
stiehlt sich summend
durch den Stangenwald,
seine Melodie ähnelt
meinem Elektrorasierer,
damals, der allererste.
Selbst die Schiebetüren
öffnen sich lautlosest,
distanziert spricht sie
auf mich ein, sie darf
mir nicht nahe kommen.
Aber seit kurzem winken
wir uns zu, fehlt nur
noch das Kusshändchen.
Heimlich sammle ich
neuerdings Briefmarken.

© hertz

Shopping

Am grauen Nachmittag dann
in die Fußgängerzone
mit dem Charme
einer Dating-App.

Matte Reklametexte,
aufgepappte Gesichter,
ewig kann man ihnen
in die Augen gucken.

Nichts anfassen.
Meldebogen.
Sauber sein.

Ich buche gleich noch einmal
meine Frisörin von gestern.
Sie wäscht so gut.

© hertz

Oder Lyrik

In Wattenscheid weiß ich
einen, der mich liest,
und in St.Andreasberg.
Außerdem noch einer,
ziemlich quer,
Der ist wieder weg.
Also zwei.

Vor dem Fenster knospen
unsre Birnenbäumchen
von der Hochzeit.
Auch zwei.

Wähle, Dichter.

© hertz

Frühlingsmärchen

ist eine Antwort auf ein russisches Kindergedicht, das ich in
meinem Jahreskalender gefunden habe. Hier steht zuerst die Übersetzung der russischen Verse und dann kommt meine eigene Inspiration dazu.

Hau ruck!
So stießen die Fische
im Fluß das Eis an.
Und los ging der Eisgang.

Valentin D. Berestov (1928-1998)

*

Mundschutzmasken rocken
mit dem rosa Mützchen
Herrenlose Flaschen
schunkeln um die Scholle
stoßen an, bestellen
Ententanz zur Polka.

Wenn das Eis dann bricht
gehn wir alle baden.

© hertz

Hausbesuch

Auge in Auge
vor meiner Tür.
Er pickt an.
Er ist kein Fasan.
Er sieht nur so aus.
Er ist eine Botschaft,
so gut wie er aussieht.
Ich bitte ihn herein,
erzähle ihm alles.
In diesen Zeiten
macht man sich
besser den Boten
zum Freund.

© hertz

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